postheadericon Versagung von Beratungshilfe wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten

Sachverhalt

Die Rechtsuchende bezieht seit mehreren Jahren Arbeitslosengeld II (Hartz 4).

Im Jahre 2006 wurde die Rechtsuchende zweimal für mehrere Wochen stationär behandelt im Krankenhaus.

Für die Zeit der stationären Behandlung kürzte das Jobcenter der Rechtssuchenden zustehende Regelleistung jeweils mit der Begründung, die Rechtssuchende müsse sich die während des Klinikaufenthaltes kostenlos erhaltene Verpflegung in Höhe des in der Regelleistung enthaltenen Lebensmittelanteils leistungsmindernd anrechnen lassen.

Hiergegen erhob Sie persönlich nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage am Sozialgericht.

Das Sozialgericht gab der Klage statt, da die Kürzung nach Ansicht des Gerichtes rechtswidrig war.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 kürzte das Jobcenter den Regelsatz für die Zeit vom 30. Oktober 2007 bis zum 30. November 2007 erneut, nachdem die Rechtssuchende angekündigt hatte, dass sie sich während dieses Zeitraums in einer Rehabilitationsklinik befinden werde.

Hiergegen legte die Rechtssuchende wiederum persönlich Widerspruch ein.

Die Rechtsbehelfsstelle des Jobcenters half dem Widerspruch ab, weil die Rechtssuchende die Rehabilitations-Maßnahme zunächst nicht antrat.

Nachdem sich die Beschwerdeführerin sodann doch vom 3. Dezember 2007 bis zum 29. Dezember 2007 in die Rehabilitations-Maßnahme begab, kürzte das Jobcenter durch Bescheid vom 23. Januar 2008 für diesen Zeitraum den Regelsatz und erklärte, die deshalb im Monat Dezember 2007 zu viel erhaltenen Leistungen würden zu je zwei gleichen Beträgen mit den Ansprüchen der Beschwerdeführerin auf die Regelleistung in den Monaten März und April 2008 aufgerechnet.

Nunmehr erhob der Rechtsanwalt der Rechtssuchenden Widerspruch und wies in der Begründung darauf hin, dass in vergleichbarer Angelegenheit bereits ein Urteil des Sozialgerichts vorliege.

Der nachträglich gestellte Beratungshilfeantrag wurde vom Rechtspfleger wegen Mutwilligkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG zurückgewiesen.

Mit der Erinnerung machte die Rechtssuchende geltend, dass wegen der gleich gelagerten Fallkonstellation eine behördliche Beratung nicht zumutbar wäre.

Die Erinnerung wurde mit richterlichem Beschluss zurückgewiesen, da ein Bürger, welcher seinen Rechtsanwalt selbst zu zahlen hätte, hätte den Widerspruch persönlich eingelegt, da aus einem Parallelverfahren die Art des Vorgehens bereits bekannt gewesen sei.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Rechtssuchende eine Verletzung der Rechtswahrnehmungsgleichheit.

Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe 

Der grundrechtlich garantierte Rechtschutz  gewährt dem unbemittelten Rechtssuchenden nur die Möglichkeiten des Rechtsschutzes, welche ein bemittelter Rechtssuchende in Anspruch genommen hätte unter vernünftiger Abwägung der entstehenden Kosten.

Deshalb stellt die Versagung der Beratungshilfe im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit dar, da ein Bemittelter wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Einschaltung eines Rechtsanwalts vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen hätte.

Ob die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Beratung notwendig ist oder der Rechtsuchende zumutbar auf Selbsthilfe zu verweisen ist, hat das Fachgericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen.

Jedoch stellt das Bundesverfassungsgericht auch fest, dass es nicht verfassungskonform ist, die Notwendigkeit einer anwaltlichen Beratung stets zu verneinen, da auf ein paralleles Verfahren hingewiesen werden kann. Gerade die Frage, ob ein Parallelfall vorliegt, kann bei Rechtssuchenden den Beratungsbedarf begründen.

Im vorliegenden Fall war es für die Rechtssuchende jedoch ohne Schwierigkeiten erkennbar, dass es sich genau um die gleiche rechtliche und tatsächliche Problematik handelt.

Deshalb hätte ein bemittelter Rechtsuchender keinen Rechtsanwalt eingeschaltet. Dieses hat zur Folge, dass Beratungshilfe nicht zu gewähren war.

Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.09.2010

1 BvR 1974/08

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100902_1bvr197408.html

 

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