postheadericon Keine Bertungshilfe im Anhörungsverfahren

Sachverhalt:

Eine Rechtssuchende erhielt von der Bundesagentur für Arbeit ein Anhörungsschreiben, da die Behörde von zu Unrecht erhaltenden Leistungen ausging. Sie sollte nach § 24 Abs. 1 SGB X Stellung zum Sachverhalt nehmen.

Der Antrag der Rechtssuchenden auf Beratungshilfe wurde vom Rechtspfleger des zuständigen Amtsgerichtes zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung legte der Rechtsanwalt der Rechtssuchenden Erinnerung ein. Diese wurde wie die zuletzt erhobene Anhörungsrüge vom Amtsgericht abgelehnt. Das Amtsgericht lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG Beratungshilfe nur gewährt wird, wenn nicht andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist.  Das Amtsgericht hielt es jedoch für zumutbar, dass sich die Rechtsuchende zunächst durch Nachfrage bei der Agentur für Arbeit um eine Klärung der Angelegenheit bemüht. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Rechtssuchende eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.

Entscheidung:

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.

Entscheidungsgründe:

Im Rahmen der Mutwilligkeit steht der Vergleich eines unbemittelten mit einem bemittelten Bürger zur Wahrung der Rechtswahrnehmungsgleichheit.

Rechtswahrnehmungsgleichheit in dem Sinne, dass ein unbemittelter Rechtssuchender einem solchen Bemittelten gleichzustellen ist, der bei seiner Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigt und vernünftig abwägt. Der Rechtsuchende darf dabei zunächst auf zumutbare andere Möglichkeiten für eine fachkundige Hilfe bei der Rechtswahrnehmung verwiesen werden. Der Begriff der Zumutbarkeit wird zwar von den Fachgerichten überdehnt, wenn ein Rechtsuchender für das Widerspruchsverfahren zur Beratung an dieselbe Behörde verwiesen wird, gegen die er sich mit dem Widerspruch richtet.

Das dem Widerspruchsführer vorgelagerte Anhörungverfahren ist jedoch in Bezug auf die Zumutbarkeit behördlicher Beratung grundsätzlich nicht mit dem Widerspruchsverfahren vergleichbar. Von einer Gegnerschaft zwischen Behörde und Rechtssuchendem kann erst im Widerspruchsverfahren gesprochen werden.

Anders als im Fall des Widerspruchsverfahrens ist im Anhörungsverfahren eine belastende Entscheidung der Behörde noch nicht getroffen worden. Das Anhörungsschreiben enthält ein Angebot zur Kontaktaufnahme, bevor eine belastende Regelung erfolgt.

Außerdem müsste auch ein bemittelter Rechtssuchender unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in jedem Fall die Kosten der Anhörung selbst tragen. Denn Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts können im Erfolgsfall zwar für das Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X, nicht aber für ein Anhörungsverfahren erstattet werden (BSG Urteil vom 12. Dezember 1990 – 9a/9 RVs 13/89).

 

Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009

1 BvR 1517/0

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20090630_1bvr047009.html

 

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